1. Reicht eine Partei im Arzthaftungsprozess entgegen der Aufforderung des Gerichts keine hinreichende Schweigepflichtsentbindungserklärung ein und können daher die für die Beweisaufnahme notwendigen Behandlungsunterlagen Dritter nicht beigezogen werden, stellt dies ein Nichtbetreiben des Verfahrens dar.
2. Die durch Klageerhebung zunächst bewirkte Hemmung der Verjährung beginnt dann sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung wieder zu laufen (§ 204 Abs. 2 BGB).
Anmerkung
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht der klagenden Patientin aufgegeben, eine Erklärung vorzulegen, mit der die mitbehandelnden Ärzte von deren Schweigepflicht entbunden werden, da deren Unterlagen für die sachverständige Begutachtung als notwendig angesehen worden waren. Die Klägerin reichte daraufhin eine ungenügende Erklärung ein, was das Gericht monierte und mehrfach die Einreichung einer korrekten Erklärung anmahnte. Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagiert hatte, verfügte das Gericht, dass die Akte ausgetragen und weggelegt werden soll. In dieser letzten Verfügung sah das Gericht die nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB entscheidende letzte Verfahrenshandlung. Als die Klägerin das Verfahren zwei Jahre später wiederaufgriff, war die restliche Verjährungsfrist verstrichen.
Der Entscheidung des Gerichts ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen. Zu kritisieren ist lediglich, dass die letzte Verfahrenshandlung bereits früher hätte angenommen werden müssen, weil das Weglegen der Akte keine Verfahrenshandlung im Sinne von § 204 Abs. 2 BGB darstellt. Solche nämlich sind nur anzunehmen, wenn die Verfügung geeignet ist, auf den Gang des Prozesses in irgendeiner Weise einzuwirken. Wenn dies beispielsweise nicht im Erlass eines Streitwertbeschlusses zu sehen ist (vgl. OLG Frankfurt/M., Urteil vom 2.9.2020 – 3 U 36/20), kann auch die Verfügung des Austragens und Weglegens keine solche Verfahrenshandlung darstellen.
Die Entscheidung zeigt ungeachtet dessen, dass die Verjährungshürden für die Klägerseite nicht mit der rechtzeitigen Erhebung einer Klage oder dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides genommen sind, sondern auch das laufende Verfahren noch Fallstricke aufweisen kann. Neben dem vom LG Marburg entschiedenen Fall, dass die Partei (hier: trotz wiederholter Erinnerungen des Gerichts) eine notwendige Schweigepflichtsentbindung nicht vorgelegt und das Gericht daher keine weitere Veranlassung getroffen hat, kommt es immer wieder auch zu Fällen, in denen Vergleichsverhandlungen geführt werden oder aufgenommen werden sollen und es zu einem Einschlafen der Prozessführung und zu einer Vollendung der Verjährung im laufenden Verfahren kommt.
Ansprechpartner
RA Cornelius Maria Thora
Ende der Verjährungshemmung während des laufenden Prozesses (mit BLD-Anmerkung)
LG Marburg, Urteil vom 4.12.2024 – 5 O 22/19


