1. Macht der Versicherungsnehmer geltend, die ihm vom Versicherer ausgezahlte Überschussbeteiligung bzw. der Anteil an den Bewertungsreserven sei zu gering und ihm stehe ein höherer Betrag zu, sind im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Versicherers für eine gutachterliche Plausibilitätsprüfung Angaben, die über den Vortrag des beklagten Versicherers hinausgehen, der dem BGH-Urteil vom 20.1.2021 – IV ZR 318/19 - juris Rn. 32 zugrunde lag, nicht erforderlich. Dies gilt entsprechend für die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs.
2. Der Versicherungsnehmer kann aus den jährlichen Standmitteilungen, unabhängig davon, ob und aus welchem Grund diese von der zum Vertragsende erfolgten Berechnung des Anteils des Versicherungsnehmers an der Überschussbeteiligung und Bewertungsreserve abweichen, jedenfalls keine (Zahlungs-)Ansprüche gegen den Versicherer geltend machen.
3. Dem Versicherungsnehmer steht jedenfalls dann kein Auskunftsanspruch zu, wenn vom Bestehen eines weitergehenden Zahlungsanspruchs, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, von vornherein nicht ausgegangen werden kann.
Anmerkung
Dem Rechtsstreit lag ein kapitalbildender Lebensversicherungsvertrag aus dem Jahr 1991 zugrunde. Die Versicherung endete planmäßig durch Ablauf im Jahr 2021. Mit der Klage verlangte die Klägerin im Wege einer Stufenklage zunächst auf erster Stufe (Antrag zu 1.) nach Maßgabe der sich aus dem Rundschreiben der BaFin 10/2008 ergebenden Berechnungsparameter Ziff. 3.11 Auskunft über die mathematische Berechnung des Anteils der Beteiligung an Bewertungsreserven zum Zeitpunkt des Ablaufs der Lebensversicherung, insbesondere durch Auskunft über den der Berechnung zugrunde gelegten jeweiligen aktuellen Marktwert der berücksichtigten Kapitalanlagen und den in der Bilanz jeweils geführten Buchwert. Entsprechende Auskunft verlangte sie daneben noch zu zwei früheren Stichtagen, die für die Ablaufleistung ohne Relevanz waren. Auf zweiter Stufe verlangt die Klägerin von der Beklagten, die Richtigkeit der Berechnung und erteilten Auskunft zur Ziff. 1 an Eides statt zu versichern. Auf dritter Stufe verlangt die Klägerin die Zahlung eines sich aus der Auskunft ergebenden Restbetrags nebst Zinsen.
Das LG Bückeburg hat die Klage mit Teil-Urteil vom 25.10.2024 auf erster Stufe abgewiesen. Das Gericht hat die Klageabweisung darauf gestützt, dass der Auskunftsanspruch der Klägerin zum für die Abrechnung maßgeblichen Stichtag durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen sei. Zu anderen Stichtagen stünden der Klägerin keine Auskunftsanspruche zu, da die Beteiligung an den Bewertungsreserven bei Beendigung des Vertrages ermittelt und ausgezahlt werde. Die Höhe der Bewertungsreserven zu einem früheren Zeitpunkt sei ohne Belang für den Anspruch bei Beendigung des Vertrags. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Berufung vor dem OLG Celle.
Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 5.5.2025 darauf hingewiesen, dass erwogen werde, die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Urteil des LG Bückeburg durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Das LG habe zu Recht einen weiteren Auskunftsanspruch der Klägerin verneint. Insoweit verweist der Senat auf die Urteile des BGH vom 11.2.2015 (IV ZR 213/14, juris) und vom 2.12.2015 (IV ZR 28/15, juris) sowie den Beschluss vom 1.6.2016 (IV ZR 507/15, juris Rn. 6 ff.). Soweit die Klägerin Auskunft über die mathematische Berechnung des Anteils der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Lebensversicherung der Klägerin an den Bewertungsreserven – volatiler Anteil verlange, stehe ihr ein entsprechender Anspruch nicht zu. Ein Anspruch auf mathematische Berechnung des Überschusses bzw. der Bewertungsreserven komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte nur Auskunft, nicht dagegen Rechnungslegung gemäß § 259 Abs. 1 BGB schulde. Mit dem LG gehe auch der Senat davon aus, dass die Beklagte den Auskunftsanspruch der Klägerin gemäß § 362 BGB erfüllt habe, indem sie mit der Klageerwiderung die zur Ermittlung der Bewertungsreserve relevanten Berechnungsgrundlagen vorgetragen habe. Die vorgelegten Zahlen seien (unter Verweis auf BGH, Urteil vom 20.1.2021 – IV ZR 318/19, juris Rn. 32) plausibel und dem Sachverständigenbeweis zugänglich. Mache der Versicherungsnehmer – so wie hier die Klägerin – geltend, die ihm vom Versicherer ausgezahlte Überschussbeteiligung bzw. der Anteil an den Bewertungsreserven sei zu gering und ihm stehe ein höherer Betrag zu, seien im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Versicherers für eine gutachterliche Plausibilitätsprüfung Angaben, die über die – wie hier von der Beklagten gemachten – Angaben in der Klageerwiderung hinausgehen, nicht erforderlich (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.4.2023 – 1 U 191/22, juris Rn. 8).
Mit zutreffender Begründung habe das LG auch einen Auskunftsanspruch der Klägerin zu anderen Stichtagen verneint. Dem Versicherungsnehmer stehe jedenfalls dann kein Auskunftsanspruch zu, wenn vom Bestehen eines weitergehenden Zahlungsanspruchs, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, von vornherein nicht ausgegangen werden kann (vgl. erneut BGH, Urteil vom 11.2.2015, a.a.O. Rn. 26). So liege es hier. Die Klägerin könne aus den jährlichen Zuordnungen der Bewertungsreserven und daraufhin erfolgten Standmitteilungen, unabhängig davon, ob und aus welchem Grund diese von der zum Vertragsende erfolgten Berechnung des Anteils der Klägerin an der Überschussbeteiligung und Bewertungsreserve abweichen, jedenfalls keine (Zahlungs-)Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen.
Ansprechpartner
RA Dr. Martin Schaaf
RAin Clara Zöll
Versicherungsnehmer haben aufgrund des berechtigten Geheimhaltungsinteresses des Lebensversicherers keinen Anspruch auf mathematische Berechnung der Überschussbeteiligung bzw. Beteiligung an Bewertungsreserven (mit BLD-Anmerkung)
OLG Celle, Beschluss vom 5.5.2025 - 11 U 190/24