1. Die Anwendbarkeit von §§ 19 ff. VVG ist nicht auf neue Versicherungsverträge beschränkt. Erfasst werden auch Vertragsänderungen, jedoch nur solche, mit denen die bisherige Leistungspflicht des Versicherers inhaltlich oder zeitlich erweitert wird, ohne dass ein bestehender Versicherungsvertrag dem Versicherungsnehmer einen Anspruch darauf gibt (BeckOK VVG/Spuhl, 23. Ed. 22.4.2024, VVG § 19 Rn. 13 m.w.N.). Der Versicherer ist somit auch zur Stellung von Gesundheitsfragen berechtigt, sofern es sich um eine Erweiterung des bereits bestehenden Versicherungsschutzes und mithin um den Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages handelt.
2. Für die Beantwortung der Gesundheitsfragen ist es unerheblich, dass zahnärtliche Maßnahmen im Bereich des Oberkiefers zum Zeitpunkt des Antrages auf Erweiterung des Versicherungsschutzes nicht unmittelbar bevorstanden und auch noch kein konkreter Behandlungsplan erstellt wurde. Sofern diese Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt bereits soweit konkretisiert waren, dass auch im Bereich des Oberkiefers ein neuer Zahnersatz erforderlich werden wird, muss dieser Umstand vom Versicherungsnehmer offenbart werden.
3. Ein vorvertrglicher Versicherungsfall liegt vor, sofern bereits zum Zeitpunkt der Erneuerung des Zahnersatzes im Unterkiefer (vor Vertragsbeginn) absehbar war, dass der Zahnersatz im Oberkiefer ebenfalls erneuert werden muss. In diesem Fall hat sich in den geplanten Behandlungen gerade das Risiko verwirklicht, was dem Versicherungsnehmer seit der Erneuerung des Unterkiefers und mithin bereits bei Abschluss der streitgegenständlichen Zusatzverwirklichung bekannt gewesen ist.
Ansprechpartnerin
RAin Anne Middel, Köln
anne.middel@bld.de
Anwendbarkeit von §§ 19 ff. VVG auf Vertragsänderungen
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 23.7.2024 - 20 O 2041/23 (nicht rechtskräftig)