Wartezeiten bei der Anlage einer Periduralanästhesie sind bei subjektivem Beschwerdeempfinden und dringend geäußertem Behandlungswunsch entschädigungslos hinzunehmen, wenn die diensthabende Anästhesistin nachweislich wegen eines Notfalls anderweitig gebunden ist.
Anmerkung
Die Klägerin macht u. a. geltend, sie habe im Rahmen der Geburt bereits um 20.50 Uhr den Wunsch einer Periduralanästhesie geäußert, vorwerfbar fehlerhaft sei diesem Wunsch erst um 0.00 Uhr entsprochen worden, weshalb ihr ein Schmerzensgeld zusteht.
Das LG lehnt dieses Begehren ab. Es weist darauf hin, dass die Klägerin auch ohne Periduralanästhesie mit systemisch wirksamen Schmerzmitteln behandelt worden ist. Die diensthabende Anästhesistin war aufgrund einer Notfallsituation gebunden, was eine frühere Anlage einer Periduralanästhesie verhindert hat.
Allgemein weist das LG mit erfreulich deutlichen Worten darauf hin, dass es dem klinischen Alltag geschuldet ist, dass der Patient grundsätzlich eine Wartezeit zwischen Behandlungswunsch und tatsächlicher Behandlung hinzunehmen hat. Allein die auf dem subjektiven Schmerzempfinden begründete Dringlichkeit einer letztlich elektiven Behandlung führt nicht ohne Weiteres zu einem sofortigen Behandlungsanspruch des jeweiligen Patienten, insbesondere nicht etwa zur Notwendigkeit einer notfallmäßigen Einbestellung eines weiteren Anästhesisten. Dem Wunsch der Klägerin nach einer Periduralanästhesie wurde nach Beendigung des Notfalleinsatzes der Anästhesistin nachgekommen und die Zeit bis dorthin ausweislich der sachverständigen Feststellungen mit Schmerzmitteln und Wehenhemmern überbrückt. Und selbst wenn eine schuldhafte Verzögerung in diesem Zusammenhang vorliegen würde, so genügt dies allein nicht, um ein Schmerzensgeld zu begründen. Die pauschale Behauptung von - bei jeder natürlichen Geburt auftretenden - Schmerzen ist in diesem Kontext nicht ausreichend.
Ansprechpartner
RA Cornelius Maria Thora, Köln
cornelius.thora@bld.de
Bei der Abwägung von Behandlungsdringlichkeiten hat die ärztliche Einschätzung Vorrang vor dem Patientenwunsch (mit BLD-Anmerkung)
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.9.2023 - 4 O 1447/21