1. Bei einer Kollision zwischen einem Geradeausfahrer und einem Linksabbieger spricht der Beweis des ersten Anscheins, einen Unfall verursacht zu haben, gegen den Linksabbieger, § 9 III StVO. Tatsachen, die den Anscheinsbeweis erschüttern oder widerlegen, muss der Linsabbieger darlegen und beweisen. Dabei darf der vorfahrtsberechtigte Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer sein Vorfahrtsrecht beachten.
2. Wie weit der Abbiegevorgang zum Unfallzeitpunkt tatsächlich abgeschlossen war, ist irrelevant.
3. Das Vorrecht des geradeaus Fahrenden wird auch grundsätzlich nicht durch ein mögliches verkehrsordnungswidriges Verhalten beseitigt, kann aber eine Mithaftung begründen. Eine deutlich überhöhter Geschwindigkeit oder eine Verletzung des Sichtfahrgebotes aus § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO könnten eine Mithaftung begründen.
Ansprechpartnerin
RAin Dr. Corinna Carl, Berlin
corinna.carl@bld.de
Haftung des Linksabbiegers bei Unfall mit dem Gegenverkehr
AG Nordenham, Urteil vom 25.6.2024 - 3 C 76/21 (nicht rechtskräftig)