1. Der Auskunftsanspruch umfasst grundsätzlich nicht die Verpflichtung zur Vorlage der fiktiven versicherungstechnischen Bilanzen oder anderer Geschäftsunterlagen und auch kein Einsichtsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 2.12.2015 - IV ZR 28/15).
2. Für die Höhe des Anspruchs ist die Höhe der Bewertungsreserven bei Beendigung des Vertrags maßgeblich. Die Höhe der Bewertungsreserven zu einem früheren Zeitpunkt ist daher ohne Belang für den Anspruch bei Beendigung des Vertrags, sodass ein Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB, der der Durchsetzung des Anspruchs aus § 153 Abs. 3 VVG dient, nicht zu früheren Zeitpunkten bestehen kann.
Anmerkung
Dem Rechtsstreit lag ein im Jahr 1991 abgeschlossener kapitalbildender Lebensversicherungsvertrag zugrunde. Die Versicherung endete planmäßig durch Ablauf am 01.05.2021. Die Beklagte brachte daher die Ablaufleistung inklusive der Beteiligung an den Bewertungsreserven zur Auszahlung.
Die Klägerin monierte, dass sich der Auszahlungsbetrag im Vergleich zu einer vorherigen (unverbindlichen) Ankündigung der prognostizierten Ablaufleistung reduziert hat.
Mit ihrer Stufenklage vor dem LG Bückeburg verlangte die Klägerin auf erster Stufe Auskunft über die Berechnung der Beteiligung an den Bewertungsreserven zu drei unterschiedlichen Stichtagen. Das LG Bückeburg hat die Klage auf erster Stufe durch Teil-Urteil vom 25.10.2024 abgewiesen.
Die Klägerin sei für die Behauptung, dass die ihr bei Vertragsende ausgezahlte Bewertungsreserve zu gering sei und ihr gemäß § 153 Abs. 3 VVG ein höherer Betrag zustehe, darlegungs- und beweispflichtig. Um einen solchen Anspruch durchzusetzen, stehe der Klägerin gegen die Beklagte grundsätzlich ein Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu. Danach treffe den Schuldner ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Der Umfang und Inhalt der zu erteilenden Auskunft richteten sich danach, welche Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend machen zu können, soweit dem nicht Zumutbarkeitsgesichtspunkte oder andere Grenzen entgegenstehen. Der Auskunftsanspruch umfasse grundsätzlich nicht die Verpflichtung zur Vorlage der fiktiven versicherungstechnischen Bilanzen oder anderer Geschäftsunterlagen und auch kein Einsichtsrecht. Die Zubilligung des Auskunftsanspruchs habe unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls und unter Wahrung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen. Dabei seien sowohl die Art und Schwere der Rechtsverletzung als auch die beiderseitigen Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten angemessen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil v. 02.12.2015, Az. IV ZR 28/15).
Vorliegend sei der Auskunftsanspruch der Klägerin jedenfalls durch die in der Klageerwiderung angegebenen Parameter (Wert der gesamten Bewertungsreserven, Sicherungsbedarf, Wert der verteilungsfähigen Bewertungsreserven und Faktor für die Beteiligung an den Bewertungsreserven unter Berücksichtigung des Sicherungsbedarfs für den einzelnen Vertrag und dessen Berechnung) gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Weiter führt das Gericht aus, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, die Abweichungen zu den im Verlauf des Vertrages übermittelten Standmitteilungen zu erklären, da der Anteil an den Bewertungsreserven erst bei Vertragsbeendigung ermittelt werde und erst zu diesem Zeitpunkt ein verbindlicher Wert errechnet werden könne.
Dem Versicherungsnehmer stehe kein Auskunftsanspruch zu, wenn vom Bestehen eines weitergehenden Zahlungsanspruchs, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, von vornherein nicht ausgegangen werden kann (BGH, Urteil v. 02.12.2015, Az. IV
ZR 28/15). Der Anspruch aus § 153 VVG könne lediglich bei Beendigung des Vertrags entstehen. Für die Höhe des Anspruchs sei allein die Höhe der Bewertungsreserven bei Beendigung des Vertrags maßgeblich. Die Höhe der Bewertungsreserven zu einem früheren Zeitpunkt sei ohne Belang für den Anspruch bei Beendigung des Vertrags. Da der Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB der Durchsetzung des Anspruchs aus § 153 Abs. 3 VVG diene, könne die Klägerin lediglich Auskunft zu dem Zeitpunkt fordern, zu dem ein Anspruch gem. § 153 Abs. 3 VVG bestehen kann und nicht auch schon zu früheren Zeitpunkten.
Ansprechpartner
RA Dr. Martin Schaaf, Köln
martin.schaaf@bld.de
RAin Clara Zöll, Köln
clara.zoell@bld.de