1. Eine Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Riester-Rentenversicherungsvertrags, wonach im Todesfall während der Rentengarantiezeit für die Berechnung der Todesfallleistung allein das Deckungskapital zugrunde zu legen ist, das zur Bildung der Rente während der Rentengarantiezeit zur Verfügung steht, ist nicht überraschend.
2. Bei Vereinbarung einer Rentengarantiezeit ist offenkundig, dass bei Zahlung an den Bezugsberechtigten die Rente auf den vereinbarten Zeitraum begrenzt wird und folglich auch nur das Kapital, welches für diese Rentengarantiezeit maßgeblich ist, zur Auszahlung gelangen kann.
Anmerkung
Dem Rechtsstreit lag ein im Jahr 2003 abgeschlossener Riester-Rentenversicherungsvertrag zugrunde. Die versicherte Person (gleichzeitig Versicherungsnehmer) verstarb während der Rentengarantiezeit. Der Bezugsberechtigte verlangte sodann Auszahlung der Kapitalabfindung. Er war der Auffassung, dass die Kapitalabfindung dem gesamten Deckungskapital abzüglich zu erstattender staatlicher Förderungen entspreche. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen war indes vereinbart, dass im Todesfall nach Rentenbeginn lediglich das Deckungskapital, das zur Bildung der Rente während der Rentengarantiezeit zur Verfügung steht, zugrunde zu legen ist.
Mit seiner Klage vor dem AG Regensburg verlangte der Kläger Zahlung in Höhe des bestehenden Deckungskapitals abzüglich der zurückzugewährenden staatlichen Förderung. Das AG Regensburg hat der Klage mit Urteil vom 20.11.2023 - 10 C 764/23 vollumfänglich stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, dass in den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen nicht hinreichend klar geregelt sei, dass die Rente einzig aus dem Kapital berechnet wird, welches benötigt würde, um dem ursprünglichen Versicherungsnehmer und Vertragspartner seine aktuellen Zahlungen bis zum Ende der Garantiezeit zu erbringen. Die streitgegenständliche Klausel könne nur so verstanden werden, dass von dem bestehenden Deckungskapital der zurückzuzahlende Betrag der staatlichen Förderung abzuziehen ist.
Auf die Berufung der Beklagten wurde das Urteil des AG Regensburg abgeändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen. Die streitgegenständliche Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sei nicht dahingehend auszulegen, dass sich hieraus ergibt, dass die monatliche Rentenzahlung für die Versorgung der bezugsberechtigten Hinterbliebenen entsprechend der Berechnung der Klägerseite so verstanden werden muss, dass von dem bestehenden Deckungskapital lediglich der zurückzuzahlende Betrag der staatlichen Förderungen abzuziehen ist. Die Klausel sei auch nicht unklar bzw. missverständlich geregelt, da sich aus der Formulierung ergebe, dass die Rente einzig aus dem Kapital berechnet wird, welches benötigt würde, um dem ursprünglichen Versicherungsnehmer seine aktuellen Zahlungen bis zum Ende der Garantiezeit zu erbringen.
Diese aus Sicht der Kammer einzige mögliche Auslegung der streitgegenständlichen Klausel ergebe sich auch für den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs.
Die Klausel sei im Übrigen auch nicht überraschend, da bei Vereinbarung einer Rentengarantiezeit offenkundig sei, dass bei Zahlung an den Bezugsberechtigten die Rente auf den vereinbarten Zeitraum begrenzt wird und folglich auch nur das Kapital, welches für diese Rentengarantiezeit maßgeblich ist, zur Auszahlung gelangen kann. Im Gegensatz zum Versicherungsnehmer habe der Bezugsberechtigte daher erkennbar grundsätzlich nur Anspruch auf eine Rente bis zum Ablauf der Garantiezeit. Deshalb habe er schon im Ausgangspunkt nur einen Anspruch auf das dafür erforderliche Kapital, von dem dann die staatliche Förderung abgezogen wird.
Ansprechpartner
RA Dr. Martin Schaaf, Köln
martin.schaaf@bld.de
RAin Clara Zöll, Köln
clara.zoell@bld.de
Kein Anspruch des Bezugsberechtigten im Todesfall nach Rentenbeginn auf Auszahlung des gesamten Deckungskapitals bei Vereinbarung einer Rentengarantiezeit (mit BLD-Anmerkung)
LG Regensburg, Urteil vom 17.9.2024 - 23 S 226/23