1. In der Übergabe des Fahrzeugschlüssels an eine alkoholisierte Person liegt ein objektiv grober Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten.
2. Die Vorwerfbarkeit des Sorgfaltsverstoßes setzt bei einer absehbaren Alkoholfahrt nicht erst in dem Moment an, in dem der Versicherungsnehmer dem Fahrer den Schlüssel überlässt, sondern schon vor der Einnahme alkoholischer Getränke. In diesem Fall erscheint dann eine um 75 % gekürzte Ersatzleistung angemessen.
Anmerkung
Noch vor dem Urteil des LG Münster vom 20.8.2009 zur Leistungskürzung nach § 82 Abs. 2 VVG (VersR 2009, 1615) hatte das LG Bonn über eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls nach neuem Recht zu entscheiden. Anders als in dem Münsteraner Fall ging es nicht um einen Rotlichtverstoß, sondern um eine Alkoholfahrt. Der Versicherungsnehmer war gemeinsam mit einem Freund zu einer Erstsemesterparty gefahren. Dort sprachen beide nicht unerheblich dem Alkohol zu. Der Versicherungsnehmer, vom Alkoholgenuss offenbar müde geworden, legte sich in sein Fahrzeugs und schlief, als er von seinem Freund geweckt wurde. Dieser, ebenfalls stark alkoholisiert, bot sich an nach Hause zu fahren. Der Versicherungsnehmer gab ihm den Fahrzeugschlüssel und setzte sich auf den Beifahrersitz. In einer Kurve verlor der Fahrer die Gewalt über das Fahrzeug und verursachte einen Unfall. Der Versicherungsnehmer verlangte nun von seinem Kaskoversicherer den Ersatz des Schadens.
Die Kammer des LG stellte fest, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers objektiv und subjektiv grob fahrlässig sei, auch wenn dieser das Fahrzeug selbst nicht gefahren habe. In der Übergabe des Fahrzeugschlüssels an eine alkoholisierte Person sei ein objektiv grober Verstoß gegen Sorgfaltspflichten zu sehen. Subjektiv warf das Gericht dem Kläger vor, nicht zeitig Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu vermeiden, selbst alkoholisiert zu fahren oder von einem alkoholisierten Dritten gefahren zu werden. Denn nach den Feststellungen des Urteils habe es sich um eine von vornherein mögliche und vorhersehbare Fahrt durch seinen alkoholisierten Freund gehandelt. Damit setzt die Vorwerfbarkeit des Sorgfaltsverstoßes nicht erst in dem Moment an, in dem der Versicherungsnehmer dem Fahrer den Schlüssel überlässt, sondern, sofern eine Alkoholfahrt für den Versicherungsnehmer absehbar war, schon vor der Einnahme alkoholischer Getränke.
Die Kammer des LG Bonn sprach dem Versicherungsnehmer eine um 75 % gekürzte Ersatzleistung zu. Die Kammer bewertete das Verhalten des Versicherungsnehmers als im oberen Bereich der groben Fahrlässigkeit liegend. Gerade der Konsum von Alkohol im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs stelle ein hohes Risiko der Unfallverursachung, aber auch zur Höhe des dann entstehenden Schadens dar. Eine 100 %-ige Kürzung schied für die Kammer aus, da der Versicherungsnehmer nicht selbst gefahren war.
Ansprechpartner
RA Dr. Christoph Krischer, Köln
Dr. Christoph Krischer

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