1. Das Gericht maßt sich in unzulässiger Weise eigene Sachkunde an, wenn es Ausführungen in einem medizinischen Lehrbuch als rein abstrakte Empfehlungen ohne ausschlaggebende Bedeutung im Streitfall beurteilt.
2. Wenn bei der Klägerin Faktoren vorliegen, die nach einer von ihr im Prozess zitierten Textpassage in dem medizinischen Lehrbuch dem ärztlichen Vorgehen entgegenstehen, kann dieser Einwand nicht ohne Anhörung des Sachverständigen zurückgewiesen werden.
3. Jedenfalls wenn das entsprechende Fachbuch auf Erkenntnisse aus einer Zeit vor dem möglichen Behandlungsfehler verweist, kann auch eine erst nach dem Geschehen veröffentlichte Auflage des Buches maßgeblich für die Behandlungsbeurteilung sein. Allein das zeitliche Nachfolgen der Neuauflage auf den möglichen Behandlungsfehler entbindet das Gericht nicht von der erneuten Anhörung des Sachverständigen.
Ansprechpartner
RA Dirk Hüwe, Köln
dirk.huewe@bld.de
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei der Beurteilung eines möglichen Behandlungsfehlers
BGH, Beschluss vom 2.7.2024 - VI ZR 240/23